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05.07.2011

Möglichkeit der Anonymen Spurensicherung eingerichtet

Pressekonferenz am Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln

Das Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln hat in Kooperation mit dem Arbeitskreis „Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ einen neuen Weg entwickelt, der eine Anonyme Spurensicherung nach einer Sexualstraftat ermöglicht. Dieses Verfahren wurde heute (05.07.2011) in der Rechtsmedizin der Uniklinik Köln auf einer Pressekonferenz vorgestellt.

„Ab sofort können Opfer von Sexualstraftaten in Köln Spuren anonym sichern lassen“,
erläuterte Christine Kronenberg, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln. Das war bisher anders. Ließ ein Opfer die Beweise einer Vergewaltigung aufnehmen, konnten weitergehende Spuren nicht gesichert werden, ohne Strafanzeige zu erstatten. Jetzt können Opfer Beweise aufnehmen lassen, Spuren sichern lassen und
– wenn sie sich dazu entschließen – später eine Anzeige erstatten.

Ziel der Anonymen Spurensicherung ist es vor allem, den Opfern nach der traumatischen Erfahrung Zeit zur Entscheidung zu geben und somit den Druck auf die Opfer zu verringern, wie Christine Kronenberg betonte: „Triff keine Entscheidung in der Stunde der Verwirrung. Nach der Kernaussage dieser alten Weisheit muss Frauen nach einer Sexualstraftat zumindest die Möglichkeit gegeben werden, erst zu handeln, wenn sie wieder stabil sind.“ Die Beweismittel werden zwei Jahre in der Rechtsmedizin der Uniklinik Köln aufbewahrt. Auf Antrag kann die Lagerung verlängert werden.

Gleichzeitig ist es jedoch für eine eventuelle spätere Beweisführung wichtig, dass mögliche Tatspuren gesichert werden. Irmgard Kopetzky, Koordinatorin vom Kölner Notruf für vergewaltigte Frauen und Mitglied im Arbeitskreis, schilderte ihre Erfahrungen, die sie in der Arbeit mit vergewaltigten Frauen gemacht hat: „Nur ein kleiner Teil der Frauen, die bei uns in die Beratung kommen, hat die Vergewaltigung direkt angezeigt oder hat das noch vor. Direkt nach der Tat überwiegt meist das Bedürfnis, das Geschehen zu verdrängen und den Alltag wieder herzustellen. Auch Schuld- und Schamgefühle spielen eine große Rolle. Der Gang zur Polizei ist in so einem Moment mit erheblichen Ängsten und Unsicherheiten verbunden.“ Daher begrüßt Irmgard Kopetzky die Möglichkeit, Spuren in Zukunft auch ohne eine Anzeige sichern zu können: „Durch die Anonyme Spurensicherung haben die Ermittlungsbehörden, auch bei einer späteren Anzeige die Möglichkeit, auf Spurenmaterial zurückzugreifen. In einem Verfahren, das auf die Anzeige folgt, verbessert das die Ausgangsposition des Opfers erheblich.“

Dr. Sibylle Banaschak, Leitende Oberärztin vom Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln beschrieb den konkreten Ablauf der Anonymen Spurensicherung: „Bei der Anonymen Spurensicherung stellen sich die Frauen nach dem Ereignis ohne vorherige Anzeigenerstattung bei der Polizei in einer der beteiligten Kliniken in einer gynäkologischen Ambulanz vor. Hier ist Tag und Nacht eine Ärztin oder ein Arzt anwesend. Sie können die gynäkologische Untersuchung vornehmen.“ Die Ärztinnen und Ärzte der beteiligten Kliniken wurden vorab zu dem Konzept der Anonymen Spurensicherung und – soweit erforderlich – zu den Methoden der Spurensicherung von der Rechtsmedizin der Uniklinik Köln geschult.

Im Kölner Stadtgebiet sind fünf gynäkologische Kliniken beteiligt: Frauenklinik Krankenhaus Holweide, Evangelisches Krankenhaus Köln-Kalk, Krankenhaus Porz am Rhein , Heilig-Geist-Krankenhaus Longerich und die Universitäts-Frauenklinik.

An diese Kliniken wurden Untersuchungssets verteilt, die durch Spenden sowie durch Gelder der Stadt Köln finanziert wurden. Dr. Banaschak: „Dieses Set enthält alle benötigten Utensilien. Dazu gehören der Dokumentationsbogen, die Abstrichtupfer, Zubehör für eine gegebenenfalls weitergehende Asservierung von Fingernagelabschnitten, Aufkleber für die kodierte Beschriftung der Asservate und Hilfsmittel für die Fotodokumentation.“

Nach der Untersuchung werden die codiert beschrifteten Asservate verpackt, die Tüte wird versiegelt und mit einem Boten in die Rechtsmedizin der Uniklinik Köln gebracht. „Bei uns wird die Versiegelung überprüft, Beschädigungen werden gegebenenfalls dokumentiert, der Inhalt wird geprüft und zur fachgerechten Lagerung in gesicherte Räume gebracht“, erklärt Dr. Banaschak .

Die Lagerung der Spuren wird derzeit weder vom Gesundheitssystem noch von der Justiz bezahlt. Die Finanzierung der Lagerung erfolgt aus Mitteln des Instituts für Rechtsmedizin. „Wir gehen daher davon aus, dass die Spuren, die bei uns gelagert werden, auch bei uns untersucht werden, wenn nachträglich Anzeige erstattet wird“, so Dr. Sibylle Banaschak.

Für Rückfragen:
Christine Kronenberg
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln
Telefon: 0221 221-26473
E-Mail: christine.kronenberg@stadt-koeln.de

Irmgard Kopetzky
Koordinatorin, Kölner Notruf für vergewaltigte Frauen
Telefon: 0221 562035
E-Mail: mailbox@notruf-koeln.de

Dr. Sibylle Banaschak
Leitende Oberärztin, Institut für Rechtsmedizin, Uniklinik Köln
Telefon: 0221 478-88327
E-Mail: sibylle.banaschak@uk-koeln.de

Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Kommunikation
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de